Wie ist es, wenn Vater und Tochter den gleichen Beruf gewählt haben? Uli Viereck und Magdalena Henken-Viereck arbeiten beide als Pastoralreferenten und tauschen sich gerne aus.

„Ganz wie der Papa …“ – diesen Satz hört Magdalena Henken-Viereck öfter, denn sie hat den gleichen Beruf wie ihr Vater Uli Viereck gewählt: Beide sind sie als Pastoralreferenten in der Kirche aktiv. Doch den Vater nur nachgemacht, das hat sie nicht, betont sie, auch wenn er ein Vorbild sei. Auch Uli Viereck freut sich an der Berufswahl seiner Tochter, doch seine beiden Kinder durften ihren eigenen Weg finden.

„Ich habe gespürt, dass Gott es will“

Wie es kam, dass Magdalena Henken-Viereck nun Pastoralreferentin ist? Sie erinnert sich an verschiedene Wegmarken, die richtungsweisend waren: die Entscheidung, sich firmen zu lassen, Erfahrungen in der Ministranten- und Jugendarbeit und auch von Weltkirche, zum Beispiel in Taizé, Rom oder Assisi, Gespräche mit einer Schulfreundin, deren Mutter an Krebs litt und früh verstarb. Deren Hadern mit Gott und deren Trauer hat sie schon als Jugendliche herausgefordert, über den Glauben intensiv nachzudenken. Auch bewegte sie sich regelmäßig in kirchenkritischen Milieus, sei es in Vereinen oder auch der Disco. Sie ließ sich anfragen und nahm Stellung. Tatsächlich aber stand das Ziel, Pastoralreferentin zu werden, nicht von Anfang an fest. Neben Theologie studierte sie zuerst auch Spanisch, um eventuell in den Schuldienst zu gehen. Doch kurz nach ihrem Auslandssemester in Salamanca wurde ihr klar, in welche Richtung es geht: „Ich kann mich noch an den Gottesdienst in Tübingen St. Johannes erinnern, in dem dann die Entscheidung gefallen ist: Nein, ich werde Pastoralreferentin. Ja, das war für mich ein Ruf Gottes und ich habe gespürt, dass er es will und ich es auch machen möchte. Ich war so glücklich nach dem Gottesdienst, weil ich damit schon auch lange gerungen habe.“
Ihr Vater freute sich über die Entscheidung. Viereck selbst arbeitet seit 16 Jahren in der Klinikseelsorge und in der Trauerpastoral. Früher war er in der Schule, Katechese, Jugend- und Hochschulseelsorge tätig. In seiner Arbeit bei Gesprächen am Krankenbett, in Gottesdiensten und in der Trauerpastoral finden auch Bilder Eingang, die er als Künstler selbst gestaltet, und das seit vielen Jahren.

„Ich habe gesehen, wie mein Vater darin aufgegangen ist“

Generell sagt Henken-Viereck, dass die Art und Weise, wie sie ihren Vater und Kirche allgemein in ihrer Jugend erlebt hat, ihr Bild vom Beruf eines Pastoralreferenten geprägt haben. „Ich habe meinen Vater auch als gläubigen Menschen erlebt und gesehen, wie er darin aufgegangen ist und seine Charismen und Hobbys ganz gut in seine Arbeit integrieren konnte“, sagt sie. Beide erinnern sich zum Beispiel lebhaft an zahlreiche Kanuwallfahrten nach Untermarchtal.

Aber nicht nur Erinnerungen tauschen sie gerne aus, sondern auch Gedanken über ihre Arbeit. Beide sind sich einig, dass es „spannend ist, sich gegenseitig Texte, wie Predigten und Andachten, zum Durchlesen zu geben.“ Auch ist Henken-Viereck froh, in ihrem Vater einen Austauschpartner in Bezug auf kircheninterne Themen zu haben: „Es ist wohltuend, jemanden in der Familie zu haben, mit dem man gemeinsam über Knackpunkte sprechen kann.“

Außerdem erzählt sie: „Gerade zu Beginn meiner Ausbildung habe ich es sehr geschätzt, zu wissen, dass ich einen Rückhalt habe, jemanden im Background, der da schon ein bisschen Erfahrung hat, ohne dass es jetzt ein krasses Mentoring gewesen wäre.“

„Kirche wird heute stärker angefragt“

Bei allem Austausch über den gemeinsamen Beruf, benennen sie aber auch unterschiedliche Herausforderungen. So erzählt Uli Viereck: „Es war damals ein Bangen nach dem sechsjährigen Studium, ob man überhaupt eine Stelle als Pasti bekommt.“ In der gegebenen Ämterstruktur der Kirche seinen Platz zu finden und persönliches Charisma einzubringen, ist für ihn als Laientheologe eine Herausforderung ge- wesen. Seine Tochter legt ihren Fokus auf die aktuelle gesellschaftliche Situation: „ Kirche wird, glaube ich, heute gesellschaftlich nochmal stärker angefragt. Sobald man erzählt, was man für einen Beruf ausübt, kommt es immer wieder vor, dass die typischen Fragen nach Skandalen und Reformstau auf dem Tablett sind.“ Als Beispiel für die geringe Relevanz, die Kirche für Jugendliche ihrem Erleben nach hat, erzählt sie eine Situation aus dem Religionsunterricht in Klasse 11: „Letzte Stunde wurde ich gefragt: ‚Warum sind Sie denn in diesem Verein? Das passt doch überhaupt nicht zu unserem aktuellen Weltbild. Ich finde Buddhismus viel cooler.’“ Wie sie darauf reagiert hat? „Ich bin überzeugt, dass es eine wichtige Aufgabe in unserem Beruf ist, da dann ehrlich und offen zu sagen: Ja, es gibt einige Punkte, mit denen ich auch ein Problem habe, aber trotzdem trägt diese frohmachende Botschaft mein Leben. Diese Anfragen erlebt man heute, glaube ich, schon nochmal stärker als vor zwanzig Jahren“, meint die junge Pastoralreferentin.

So unterschiedlich ihre derzeitigen beruflichen Situationen gerade auch sind, bei einem sind sich die Berufsanfängerin und der Erfahrene sofort einig: Sie würden beide den Beruf wieder wählen. Viereck ist nah dran an den Menschen in Krankheit, Krise und Trauer und er darf spüren, dass sein Wirken Menschen anrührt und dass ein Leben aus dem Geist Jesu immer noch Kraft und Trost freisetzt. Und er ist dankbar für die Veränderungen und Freiräume, die er in seinem Beruf wahrnehmen konnte. Dass er seine Kunst einsetzen kann, um nachhaltig Menschen zu begegnen, macht ihn glücklich: „Ich bin froh, dass das so eine Resonanz findet, das gibt mir viel Rückenwind und Freude in diesem Beruf.“ Freude erfährt auch Henken-Viereck: „Einerseits, weil es mir Spaß macht und ich das Gefühl habe, mich da entfalten zu können, und andererseits, weil ich es total sinnvoll finde, in der Kirche meinen Teil einzubringen, damit es gut weitergeht.“

     

 

Text: Natalie Eichwald (24) und Johanna Hirschberger (20)