So lautet das diesjährige Fokusthema des Bildungsprogramms der Katholischen Erwachsenenbildung (keb) Ostalbkreis, in deren Team ich im Rahmen meiner Profilstelle „Junge Erwachsene“ mitarbeite. Schnell war uns klar, dass der Themenbereich „Psychische Gesundheit“ beziehungs- weise „Psychische Krankheit“ ein wichtiges, aktuelles und gesellschaftlich oft tabuisiertes Thema ist, und so entschieden wir uns schließlich für den Fokus-Titel „Psychisch krank – immer noch ein Tabu?“. Unser Anliegen ist es, Betroffenen, Angehörigen und Interessierten einen Raum zu geben, um über dieses Thema ins Gespräch zu kommen, Erfahrungen aus erster Hand zu hören, auf Hilfsangebote aufmerksam zu machen und einfach auch zu zeigen: Wir wollen in diesem Bereich zur Enttabuisierung beitragen!

Gerade auch als ChristInnen sind wir dazu aufgerufen, an die Peripherien zu gehen. Papst Franziskus betont dies immer wieder in seinem Pontifikat. Wir sollen denen eine Stimme geben, die ausgegrenzt sind und auf die nicht gehört wird. Bei vielen psychisch erkrankten Menschen ist das leider nach wie vor der Fall. Dazu kommt, dass in Deutschland die Versorgungslage hinsichtlich psychischer Krankheiten vielerorts sehr mangelhaft ist. Mehrmonatige oder mehrjährige Wartezeiten auf einen geeigneten Einrichtungs-Platz gehören leider aktuell zur Realität.

In Aalen veranstalteten wir eine Lesung mit Cordt Winkler, der an Schizophrenie erkrankt ist und das Buch „ICH ist manchmal ein anderer – Mein Leben mit Schizophrenie“ geschrieben hat. Zur Veranstaltung kamen etwa 70 BesucherInnen und in der anschließenden Austauschrunde wurde deutlich, wie viele Menschen direkt oder indirekt auch von dieser Erkrankung betroffen zu sein scheinen. Die persönlichen Erfahrungen von Cordt Winkler waren sehr eindrücklich und ich bin auch im Nachhinein davon überzeugt, dass es gut und wichtig war, auch solch einem Tabu-Thema wie Schizophrenie einen Raum zu geben. Außerdem organisierten wir als keb eine gut besuchte Podiums-Diskussion in Schwäbisch Gmünd zum Thema „Burnout – ausgebrannte Gesellschaft?“ und einen Abend zu „Mediensucht bei Kindern und Jugendlichen“ in Ellwangen.

Auf unsere Veranstaltungen aufmerksam machten wir unter anderem per Kurz-Videos mit der Grünen Schleife auf unserem Instagram-Account. Die Grüne Schleife ist das internationale Symbol für eine Gesellschaft, die offen und tolerant mit psychischen Erkrankungen umgeht. Im Laufe der Veranstaltungs-Vorbereitungen wurde deutlich, dass es einerseits viele interessierte Kooperationspartner gibt, andererseits aber einige auch einen Bogen um das Thema zu machen scheinen. Bundesweit sind viele Institutionen im „Aktionsbündnis Seelische Gesundheit“ vernetzt und auch regional konnten wir durch unsere Veranstaltungen Verbindungen, zum Beispiel zu Selbsthilfegruppen und zum „Verein für seelische Gesundheit“ vor Ort, knüpfen.

Es freute mich sehr, dass wir viel positive Resonanz auf unser Fokusthema und auf die entsprechenden Veranstaltungen erhielten. Für mich ist klar, dass ich auch in Zukunft in meiner Arbeit den Bereich rund um psychische Gesundheit und psychische Erkrankungen immer wieder aufgreifen möchte, da diese Themen voraussichtlich längerfristig (leider) nichts an ihrer Aktualität verlieren werden.

Mit einigen AkteurInnen aus dem Bereich „Junge Erwachsene“ und weiteren KooperationspartnerInnen riefen wir im Oktober einen diözesanen „Mental Health Awareness Day“ unter dem Motto „ICH SEH DICH“ in Wendlingen am Neckar ins Leben. Wir hoffen, dass wir auch durch diesen für die Teilnehmenden kostenfreien Aktionstag etwas zur Entstigmatisierung psychischer Erkrankungen und zur Förderung psychischer Gesundheit beitragen können.

 

ZUR PERSON
Andreas Ruiner (34) ist katholischer Theologe und ausgebildeter Pastoralreferent. Nach seinem Theologiestudium in Tübingen war er von 2017 bis 2022 in der Gesamtkirchengemeinde Stuttgart-Vaihingen tätig. Seit Anfang 2023 hat er die Profilstelle „Junge Erwachsene“ im Dekanat Ostalb inne und ist Pastoralreferent in der Seelsorgeeinheit Rems-Welland.