Immer mehr Priester entscheiden sich dafür, ihre Berufung gemeinschaftlich zu leben. Doch wie sieht der Alltag in einer solchen „Vita communis“ aus? Ein Besuch bei Wolfgang Metz und Tobias Knoll im Pfarrhaus St. Joseph in Sindelfingen.

Schon nach wenigen Minuten des Gesprächs ist klar – hier sitzen sich zwei gegenüber, die sich gut kennen. Zwei Priester, die wechselseitig um ihre Stärken und Schwächen, ihre Interessen und wunden Punkte wissen. Einer davon ist Wolfgang Metz. „Ich bewundere an Tobias seine Klarheit, Ordnung und Geradlinigkeit, die auch mich anspornen kann – aber manchmal ist es, glaube ich, gut, wenn ich ihn abends vom Schreibtisch weghole“, sagt er, während am anderen Ende des Tisches Tobias Knoll bestätigend nickt. Seit 2013 leben die beiden Priester zusammen im Pfarrhaus der Kirchengemeinde St. Joseph in Sindelfingen und bilden so eine Vita communis, worunter man allgemein das Konzept eines „gemeinschaftlichen Lebens“ von Klerikern versteht. Von langer Hand geplant war dies jedoch nicht. „Natürlich haben wir es schon zu unserer gemeinsamen Studienzeit im Wilhelmsstift in Tübingen geschätzt, dass da jemand ist, bei dem man abends mal noch problemlos an die Tür klopfen kann“, schildert Tobias Knoll, „aber an eine Vita communis haben wir damals noch nicht gedacht.“ Auf ihren verschiedenen Ausbildungsstationen sammelten dann aber beide prägende positive Erfahrungen, wie priesterliches Leben mit gemeinschaftlichen Elementen aussehen kann, und lernten dies zu schätzen. Den entscheidenden Impuls gab dann aber wohl die Tatsache, dass Wolfgang Metz am Ende seiner Ausbildungszeit von einem seiner Wegbegleiter – „mehr oder weniger salopp“ – darauf hingewiesen wurde, dass er doch Pfarrvikar bei Tobias Knoll in Sindelfingen werden könne. „Wir waren ja schon lange befreundet und da wir uns beide bereits damals zum regelmäßigen Austausch einmal pro Monat mit anderen zusammen als geistliche Weggemeinschaft getroffen haben, wussten wir, dass es auch von unseren geistlichen Haltungen her passt“, sagt Wolfgang Metz und Tobias Knoll ergänzt: „Aber natürlich mussten wir gründlich darüber nachdenken, ob unsere Freundschaft es aushält, dass wir zusammenarbeiten und dass der eine der Dienstvorgesetzte des anderen sein wird.“

„In Gemeinschaft fällt es leichter, eine Struktur im Gebetsleben aufrechtzuerhalten“

Heute wohnen die beiden gemeinsam im Pfarrhaus neben der in den 50er-Jahren erbauten Josephskirche im Nordwesten Sindelfingens. Nach einem Gemeinschaftsraum im klassischen Sinne sucht man in dem 2011 neu gebauten Gebäude allerdings vergeblich. Stattdessen haben beide eine eigene separate Wohnung – Tobias Knoll im ersten Stock über den Büroräumen, Wolfgang Metz im Dachgeschoss. „Dienstags, donnerstags und sonntags beten wir im Gebetsraum von Wolfgang oben die Laudes“, erläutert Tobias Knoll, „und am Dienstagnachmittag versuchen wir in der Regel eine gemeinsame stille Zeit zum kommenden Sonntagsevangelium zu halten …“ – „… das schätze ich sehr“, wirft Wolfgang Metz prompt ein, „in Gemeinschaft fällt es mir einfach leichter, eine Struktur im Gebetsleben aufrechtzuerhalten.“ Trotz dieser gemeinschaftlichen Elemente, zu denen an bestimmten Wochentagen auch gemeinsame Mittagessenszeiten gehören, ist es beiden aber auch wichtig, bewusst private Zeiten einzuplanen und achtsam für die individuellen Eigenschaften des anderen zu sein. „Zum Beispiel ist es dienstags und donnerstags völlig klar, dass Tobias schon vor der Laudes gefrühstückt hat, während bei mir vor 7 Uhr einfach nichts geht“, sagt Wolfang Metz und beide lachen.

„Mehr Chancen als Herausforderungen“

Die Idee, den Alltag und den Glauben auf der Grundlage der priesterlichen Berufung in Gemeinschaft zu teilen, lebt für die beiden jungen Männer wohl vor allem von dieser Achtsamkeit und der Sorge füreinander sowie von einer großen Offenheit. Diese Grundhaltungen ermöglichen es ihnen, viele Themen anzusprechen, die korrigierende Kritik des anderen als wohlgesonnen anzunehmen und auch guten Gewissens nein zu sagen, wenn einem einmal nicht nach einer gemeinsamen Unternehmung zumute ist. „Zugleich bietet die Vita communis einen gewissen Selbstschutz“, stellt Tobias Knoll fest: „Ich habe den anderen, um auf mich zu achten.“ Dass dabei ihr stützender und bestärkender Umgang miteinander und auch im Pastoralteam der Seelsorgeeinheit durchaus auch eine positive Ausstrahlung auf die Gemeinden hat, bekommen die beiden immer wieder rückgemeldet. „Da wird mir klar, wie weise es von Jesus war, seine Jünger zu zweit auszusenden“, sagt Wolfgang Metz.

Auch wenn man es den beiden dabei kaum anmerkt, so birgt das Leben in einer Vita communis natürlich doch auch gewisse Herausforderungen in sich. Immer wieder neu gilt es für die beiden jungen Priester abzugleichen, was der Einzelne derzeit vom gemeinsamen Leben erwartet, wie das Verhältnis von Leben und Arbeit gut austariert werden kann und wo sie aufpassen müssen, nicht gegeneinander ausgespielt zu werden. „Insgesamt aber bietet diese Lebensform für mich mehr Chancen als Herausforderungen“, hält Tobias Knoll fest, während Wolfgang Metz zustimmt: „Wenn Tobias mal eine Woche im Urlaub ist, wird mir erst wieder so richtig bewusst, dass es doch ein bisschen trist allein im Pfarrhaus ist.

 

Text: Philipp Geisen (24)