„Ich hätte Sie gerne zu einem Kaffee in mein Büro eingeladen. Dann hätten Sie aus dem Fenster auch unsere wunderschöne Schwarzwaldlandschaft bewundern können.“ Leider wurde aus einem Kaffee mit Blick auf den Schwarzwald ein virtueller Kaffee am Computer. Genauso anders Treffen dieser Tage stattfinden, genauso besonders sind auch heute noch die Aufgaben eines Pfarrbeauftragten. Für „berufen“ gibt Dominik Weiß einen Einblick in seinen Alltag als Pfarrbeauftragten und erzählt, was ihm diese Arbeit bedeutet.”

Was ist ein Pfarrbeauftragter?
In einer Kirchengemeinde, in der kein Pfarrer für die Gemeindeleitung verantwortlich ist, übernimmt eine Pfarrbeauftragte oder ein Pfarrbeauftragter diese Leitung zusammen mit einem Priester. Dies stellt eine Besonderheit dar, da in diesem Dienst auch nicht geweihte Personen Leitungspositionen einnehmen können. So eine Person ist Dominik Weiß. Er ist Pastoralreferent und seit etwa sieben Jahren Pfarrbeauftragter in der Kirchengemeinde St. Maria Königin der Apostel in Baiersbronn. „Die Diözese hatte schon eine Weile mit Modellen der Gemeindeleitung durch Laien experimentiert“, erzählt er. Ein offizielles bischöfliches Statut für den Dienst von Pfarrbeauftragten gibt es seit 2013. Als Pfarrbeauftragte können hauptberufliche, pastoral ausgebildete Mitarbeiter/innen, die die Diözesanleitung für geeignet hält, eingesetzt werden. Nach dem aktuellen Statut sind das in der Regel Pastoralreferentinnen oder -referenten, so wie Dominik Weiß.

„Mich hat es sehr gereizt, auch als Laie in der Kirche Leitungsverantwortung übernehmen zu können.“

Laie in Leitungsverantwortung
Zusammen mit seiner Frau war der heute 40-Jährige 2013 auf der Suche nach einer gemeinsamen Stelle als Pastoralreferentin und Pastoralreferent. In Baiersbronn wurden sie fündig. Eine Vollzeitstelle für einen Pfarrbeauftragten und eine Teilzeitstelle für eine Pastoralreferentin waren ausgeschrieben. Diese berufliche Chance stieß bei Dominik Weiß auf große Begeisterung: „Mich hat es sehr gereizt, auch als Laie in der Kirche Leitungsverantwortung übernehmen zu können.“
Die Möglichkeit, mit hoher Selbstständigkeit als Seelsorger für eine Kirchengemeinde zuständig zu sein, sprach ihn ebenfalls an. „Ich habe mir das zugetraut und hatte Lust darauf, das auszuprobieren.“

„Begeisterung für Gott und die Frohe Botschaft; Freude am Zusammensein mit Menschen und die Bereitschaft, mit ihnen Höhen und Tiefen des Lebens zu teilen.“

Als Pfarrbeauftragter versteht sich Dominik Weiß als „Pastoralreferent mit erweiterten Zuständigkeiten, ein verheirateter Theologe und Seelsorger mit einem Leitungsauftrag für eine Kirchengemeinde“. Der ideale Pfarrbeauftragte besitzt für ihn zunächst einmal die gewünschten Qualitäten eines jeden Seelsorgers: „Begeisterung für Gott und die Frohe Botschaft; Freude am Zusammensein mit Menschen und die Bereitschaft, mit ihnen Höhen und Tiefen des Lebens zu teilen.“ Strukturiertheit, Verantwortungsbereitschaft und Leitungsausübung in enger Zusammenarbeit mit anderen kennzeichnen weitere Qualifikationen, die ein Pfarrbeauftragter oder eine Pfarrbeauftragte mitbringen sollte. Ein Blick in Dominik Weiß’ Arbeitszimmer verrät, wie ernst es ihm um die Qualität am Dienst an den Menschen ist. Neben Schreibtisch und Bücherregalen ist eine Gebetsecke eingerichtet – für den Kontakt mit Gott. Ein Gesprächstisch steht für den Kontakt zu den Menschen bereit. „Für eine Kirchengemeinde Verantwortung zu übernehmen, bedeutet, nah bei Gott und nah bei den Menschen sein zu können – ein Traumberuf für mich“, empfindet der Pastoralreferent.

Der Terminkalender des Pfarrbeauftragten stellt sich Tag für Tag neu zusammen und beinhaltet abwechslungsreiche Aufgaben. Die Grundbausteine bilden: Gebet und etwas theologische oder spirituelle Lektüre, Gespräche mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, Vorbereitung von Gottesdiensten sowie Besuche und Begegnungen mit ganz unterschiedlichen Menschen. Dabei fasziniert Dominik Weiß immer wieder die Möglichkeit, das Geheimnis Gottes mit dem menschlichen Leben in allen Höhen und Tiefen und in der ganzen Alltäglichkeit dazwischen in Beziehung zu setzen. „Dieser Faszination nachzugehen, dazu habe ich als Seelsorger und Pfarrbeauftragter die unterschiedlichsten Möglichkeiten und Gelegenheiten, und dafür bin ich sehr dankbar“, wie er betont.
Neben diesen vielen positiven Erfahrungen seines Berufsalltages reihen sich allerdings auch Durststrecken, die Frustration mit sich bringen können. „Kirchlicher Dienst ist immer auch ein Stück weit Kreuzes-Nachfolge“, bemerkt Dominik Weiß in Erinnerung an solche Berufserfahrungen, die vom Ab- arbeiten von To-do-Listen geprägt sind, von verletzenden Erlebnissen durch ungerechte Kritik oder von Impulsen, mit denen nicht erreicht werden konnte, was man sich erhofft hatte.

Die zentrale Organisation seiner Kirchengemeinde schätzt der verheiratete Theologe sehr: „Ich habe das Glück, dass unsere Seelsorgeeinheit nur aus einer Kirchengemeinde besteht. Es ist eine flächenmäßig sehr große Gemeinde mit drei Kirchen, in denen regelmäßig Gottesdienst gefeiert wird. Aber es gibt nur einen Kirchengemeinderat, ein Pfarrbüro und eine Kirchenpflege. In dieser Hinsicht stehen andere Gemeindeleiter heute vor komplexeren Situationen.“ Bei der Ausübung seines Berufes mit vielseitigen Aufgaben in einer großen Kirchengemeinde setzt der Pfarrbeauftragte auf einige Hilfsmittel, die für ihn unverzichtbar sind: das Auto, den Computer, sein Bücherregal und die Kaffeemaschine.

Ein zukunftsfähiges Modell
Den Beruf des Pastoralreferenten hält Dominik Weiß für zukunftsfähig. „Ich denke, es ist ein mögliches Zukunftsmodell unter mehreren. Auch ehrenamtliche Leitungsteams können ein Zukunftsmodell sein – oder eine Kombination aus beidem“, überlegt er. „Und es lässt sich natürlich nicht verschweigen, dass die nach wie vor offene Frage der Zulassung von verheirateten Männern und von Frauen zu den Weiheämtern noch einmal andere Perspektiven auf die Leitungsthematik wirft. Hier neue Wege zu gehen, wäre kein Allheilmittel, es könnte aber, meine ich, an manchen Orten bessere und klarere Lösungen ermöglichen.“ Dominik Weiß wünscht sich weitere mutige Schritte der Diözese in der Richtung, hauptberuflichen und auch ehrenamtlichen Laien Leitungsverantwortung in den Kirchengemeinden zu übertragen.

ZUR PERSON
Dominik Weiß (40) ist seit 2010 Pastoralreferent und wirkt seit 2013 als Pfarrbeauftragter der Kirchengemeinde St. Maria Königin der Apostel in Baiersbronn im Schwarzwald. Dort lebt und arbeitet er zusammen mit seiner Frau Judith Weiß, die in derselben Kirchengemeinde als Pastoralreferentin in Teilzeit tätig ist. Dominik Weiß kommt ursprünglich aus Bad Kissingen in Unterfranken.

ZUR SEELSORGEEINHEIT
Die Kirchengemeinde Baiersbronn/Seewald hat 2.900 Kirchenmitglieder. Zu ihr gehören die Kirchen St. Markus in Obertal, St. Maria Königin der Apostel in Baiersbronn und St. Johannes Evangelist in Schönmünzach.

 

TEXT: JUDITH SCHMEREK (20), JOHANNA HIRSCHBERGER (22)