Eva Sorg (32) ist Gemeindereferentin im Dekanat Ludwigsburg. Über Umwege fand sie ihren Weg in einen kirchlichen Beruf. Heute trotzt sie dabei einigen Herausforderungen und arbeitet besonders gern mit Jugendlichen.

Monatelange Planung, wochenlange Vorbereitung. Werbung in den sozialen Medien, persönliche Ansprache, Hoffnung auf Interessierte. Und dann: eine einzige Anmeldung – Veranstaltung abgesagt. Manchmal versucht man etwas, aber es funktioniert nicht. Manchmal merkt man erst im Tun, wenn etwas nicht klappt.

Eva Sorg sitzt in ihrem Büro im Ludwigsburger Jugendreferat und erzählt mit erstaunlich guter Laune von der abgesagten Veranstaltung. Sie wollte in Kooperation mit dem jugendspirituellen Zentrum „Der BERG“ Firmtage für junge Erwachsene anbieten, die nicht mehr in die Altersstruktur einer Firmgruppe in der Kirchengemeinde passten. Es habe einige Interessierte gegeben, aber kommen konnten sie schlussendlich doch nicht, erzählt Sorg. Doch ein Grund, zu resignieren, ist das für sie nicht: „Vielleicht haben wir zu wenig Werbung gemacht. Nächstes Jahr probieren wir es einfach noch einmal und erzählen in der Zwischenzeit mehr Leuten davon.“ Angst vorm Scheitern? Scheint die 32- Jährige nicht zu kennen. Daher also auch die gute Laune. Etwas tun, was sie begeistert, und dann mal schauen – Eva Sorgs Einstellung scheint eine sehr gesunde Einstellung zu sein.

Der Weg in ihren Beruf passt zu Sorg. Geradlinig ein Ziel zu verfolgen und es sich Stück für Stück zu erarbeiten – das ist nicht ihre Art. Lieber probiert sie aus, lässt sich inspirieren – und bleibt dabei offen für Neues. Nach ihrem Schulabschluss macht sie eine Ausbildung zur Erzieherin. Sie hat Freude daran, möchte aber nicht dabei bleiben. Nach ihrem Fachabitur geht sie für ein Jahr nach Mexiko, leistet dort einen Weltkirchlichen Friedensdienst in einer katholischen Gemeinde. Die mexikanische Spiritualität liegt ihr nicht besonders, aber weit weg von Zuhause sieht sie ihre eigene Jugendzeit auf der Ostalb mit neuen Augen. Sie stellt fest: Mit Bräuchen und Traditionen kennt sie sich aus, mit Glaubensinhalten allerdings weniger. Es taucht eine Frage auf, der sie sich nicht erwehren kann: „Was habe ich eigentlich mein Leben lang da gemacht?“

Zurück in Deutschland schreibt sie sich für ein Religionspädagogik-Studium in Mainz ein. Einen Plan, wie es danach weitergehen soll, hat sie nicht. Sie sucht nach Antworten auf ihre Fragen – und findet ein Berufsziel: Gemeindereferentin. An ihren Praktikumsorten macht sie gute Erfahrungen, nach ihrer Ausbildung in Marbach kann sie dort bleiben.

Heute ist sie nur noch zu einem kleinen Teil in Marbach, mit 75 Prozent arbeitet sie seit zwei Jahren als Jugendseelsorgerin in Ludwigsburg. Die Berufsbezeichnung gefällt ihr: „Fast alle jungen Menschen, denen ich bisher begegnet bin, konnten etwas damit anfangen. Es wird deutlich: Ich bin für sie da.“

Motto: machen

Sie probiert Veranstaltungsformate aus, kommt mit jungen Menschen ins Gespräch, versucht Neues. In der Ausbildung habe sie gelernt, viel zu reflektieren. „Und wenn etwas nicht klappt, klappt etwas anderes.“ Ihr Motto? Machen. Ein befreundeter Pfarrer habe einmal zu ihr gesagt: „Frag nicht, was du darfst, sondern mach, was du kannst.“

Dass sie dazu kein besonderes Berufungserlebnis brauchte, wurde ihr erst während der Ausbildung klar. „Meine Biografie ist meine Berufung“, sagt sie heute. Gleichzeitig weiß sie, dass sie nicht bis zur Rente als Jugendseelsorgerin arbeiten kann und will – und hofft, dass sie als Frau in der Kirche auch noch andere Berufe und Aufgaben entdecken darf. Doch ihre optimistische Art verhindert nicht einen kritischen Blick: Es sei ein Problem, dass junge Menschen in Territorialgemeinden häufig keine Gleichaltrigen fänden. Sie berichtet aus eigener Erfahrung: „Als ich zur Ausbildung nach Marbach kam, war in der Gemeinde niemand aus meinem Alter.“ Sie habe sich allein gefühlt – und fand eine Lösung außerhalb der Kirche: Sport in der Volkshochschule. Mit ein paar Personen, die sie dort kennenlernte, ist sie bis heute in Kontakt.

Gemeinschaft und Stille

Wer von Eva Sorg etwas über ihre Arbeit erfahren will, braucht gar nicht viele Fragen zu stellen. Sie erzählt einfach: von Erlebnissen, von ihrer eigenen Entwicklung, von Gedanken, die ihr durch den Kopf gehen. Bei allem, was sie macht, verbindet sie zwei Dimensionen: das Feiern in Gemeinschaft – und die Stille. Wenn Sorg mit jungen Menschen arbeitet, die davor kaum Kontakt zur Kirche hatten, sei das nicht immer einfach, berichtet sie. Bei einer Ora-et-labora-Woche hätten drei Jugendliche die Stille an den ersten beiden Tagen nicht ausgehalten. Am dritten Tag waren sie für den Abendimpuls nicht in der Jugendkirche, sondern in der Dreieinigkeitskirche am Marktplatz. Eva Sorg wollte es in der großen Kirche mit der Stille noch ein letztes Mal versuchen – und es funktio- nierte. Danach fragten die drei Jugendlichen, wieso sie die Meditation nach gut zehn Minuten schon wieder beendet habe, sie seien doch gerade erst richtig reingekommen. Manchmal merkt man erst im Tun, was wirklich gut ist.

 

Text: Simon Linder (25)