Er ist mit seinen 31 Jahren der mit Abstand jüngste Salvatorianer in Deutschland. Vor wenigen Jahren ist der gebürtige Oberschwabe aus Haisterkirch bei Bad Waldsee in den Orden eingetreten. Wir haben Frater Philipp in München besucht. Mit einer Frage: Warum? Ein Porträt.
Es sieht fast ein wenig nach Baustelle aus: Hinter dem Haus der Salvatorianer in München am Zugang zum Garten türmen sich alte Spanplattenmöbel. Oder vielmehr das, was davon noch übrig ist. Ich schaue Frater Philipp fragend an. „Ach ja, wir renovieren das Haus seit ein paar Jahren. Zimmer für Zimmer. Und jetzt sind gerade die Gästezimmer dran gewesen.“ Er kommt aus Oberschwaben, man hört den Dialekt noch gut, auch wenn er jetzt schon seit ein paar Jahren in München für die Salvatorianer Theologie studiert. Frater Philipp führt uns in den großen Garten: „Dahinten ist das Insektenhotel.“ Wir stehen vor einem alten Spanplattenschrank aus den ehemaligen Gästezimmern. Nur diesmal recycelt, als Insektenhotel. Haus und Garten im Umbau, ein schönes Bild für die Salvatorianer in Deutschland: Vor kurzem erst haben sie beschlossen, vier der acht Niederlassungen in Deutschland zu schließen. Ein Zukunftsprozess, der sicher auch viel mit Frater Philipp zu tun hat. Aber wie kam der eigentlich zu den Salvatorianern?
„Wer ist Jesus für dich?“
Szenenwechsel. Vor sechs Jahren. Philipp studiert damals in Köln. Von Salvatorianern und Kirche noch keine Spur. Da gerät er in eine tiefe Krise, kommt selber nicht mehr heraus. Seine Tante vermittelt ihn zu den Salvatorianern nach Lochau, bald sitzt er vor einem der Patres und erzählt seine Leidensgeschichte. „Als ich fertig war, schiebt er mir einfach ein kleines Kreuz über den Tisch und sagt: „Ich glaube, die Frage ist, wer ist Jesus für dich?“ Ich hab erst gedacht, der will mich veralbern. Was sollte das? Aber dann hab ich nach und nach kapiert, dass das wirklich die Frage ist.“ Philipp begegnet Jesus, der befreit ihn von seiner Krise. Als er neun Wochen später wieder nach Köln geht, verspürt er die Sehnsucht, zölibatär zu leben und Priester zu werden. „Ich war glaub schon furchtbar in der Zeit. Halt wie man ist, wenn man frisch verliebt ist, so ein bisschen verrückt. Ich hab Nächte in Kirchen verbracht, für Obdachlose auf Campingkochern gekocht, tagelang Lobpreis in charismatischen Gruppen.“
„Ich hab mich halt verliebt in diesen verrückten Haufen“
Und warum dann jetzt Salvatorianer? Es gibt so viele Orden mit anderen jüngeren Mitbrüdern, warum ausgerechnet dieser, man könnte sagen „überalterte“ Orden? „Das hat mich Pater Hubert Veeser, der Provinzial, bei meiner Bewerbung auch gefragt.“ Während wir reden, gehen wir durch einen Park in der Nähe des Hauses der Salvatorianer in München. Ein anderer Pater kommt uns walkend entgegen, Stöpsel mit Musik im Ohr, Sportkleidung. Im Vorbeilaufen grüßt er uns mit einem herzlich-verschmitzten Lächeln. „Ich hab dann dem Provinzial gesagt: Ich hab mich halt verliebt in diesen verrückten Haufen.“ Er hat dieses Leuchten in den Augen, das man nur verstehen kann, wenn man selber von Gott tief berührt wurde, wenn man im Herzen weiß, was Berufung ist. „Und natürlich ist das nicht einfach, weil ich als Jüngerer natürlich ganz anders ticke. So Sachen wie als Salvatorianer Straßenmusik in der Münchener Innenstadt machen, das ist ungewohnt. Das ist wie wenn eine Familie mit 40 noch ein Baby kriegt.“ Ein schönes Bild. Mit 40 noch ein Baby. Das fordert. Bringt alles durcheinander. Aber hoffentlich im Guten.
Am Abend unseres Besuches in München. Philipp baut mit einer Freundin die Lautsprecher, das Keyboard und die Anlage für den Gottesdienst mit Lobpreismusik auf. Er spielt selber Gitarre. Mit in der Kirche ist Pater Hubert, der Provinzial der Salvatorianer in Deutschland. Man merkt ihm an, dass der frische Wind ihm guttut, der mit Philipp gekommen ist. Ich frage ihn zum Zukunftsprozess der Salvatorianer mit den Schließungen. „Weißt du, wir wollten ganz bewusst in die Zukunft schauen und uns auch fragen: Wo werden wir noch unbedingt gebraucht? Und dann: Was brauchen die Jüngeren?, statt: Wo brauchen wir die Jüngeren?“ Ein Hauch von Aufbruch liegt in seinen Augen. Vertrauen, dass Gott mit diesem Orden etwas vorhat. Auch in Zukunft. Hoffnung, dass dieser Gott dann auch weitere „Kinder“ für diese Gemeinschaft schenkt.
Ein Orden im Aufbruch, man könnte sagen: in der Baustelle. Nach dem Motto: Wo Gott ist, da ist Zu- kunft, da muss Zukunft sein. Frater Philipp ist ein großer Teil davon. Wie groß muss dieser Gott sein, der solche Berufungen wie die von Frater Philipp schenkt. Und wie groß ist es, dieser Berufung dann so zu folgen.
Text: Michael Schönball (27), Diakon in Rechberghausen