Beim allerersten berufen-Heft im November 2012 war Sr. Luise Ziegler schon in der Redaktion des Magazins dabei und auch gleich mittendrin als einer der ers- ten Interviewpartner der Ausgabe. Damals frisch in Tübingen angekommen, hatte sie eine abwechslungsreiche Zeit hinter sich: Nach ihrem erfolgreich abgeschlossenen Informatik-Studium sattelte sie kurzerhand um, studierte ab 2000 Religionspädagogik und trat schließlich auch bei den Barmherzigen Schwestern vom heiligen Vinzenz von Paul in Untermarchtal ein. Einige Jahre war sie als Gemeindereferentin in Mühlacker und nach ihrem Klostereintritt in Stuttgart beschäftigt, bevor es sie 2012 nach Tübingen zu Berufe der Kirche und ans Ambrosianum verschlug. Nun ist sie vor zwei Jahren nach Untermarchtal und in ihren „alten“ Job als Gemeindereferentin zurückgekehrt und erzählt berufen, was sich in diesen langen zehn Jahren für sie verändert hat.

Wo sind Sie denn inzwischen gelandet?
Ich bin jetzt seit etwa zwei Jahren wieder hier in Untermachtal und wohne im Konvent mit zwölf Mitschwestern. In der Seelsorgeeinheit Donau-Winkel gleich nebenan habe ich eine 75 %-Stelle als Gemeindereferentin und dazu noch einen 25 %-Auftrag hier in der Öffentlichkeitsarbeit, wobei mein Schwerpunkt darauf liegt, Kontakt zu anderen Gemeinschaften in der weltweiten vinzentinischen Familie zu halten. Und ich freue mich jetzt auch, wieder in der Gemeinde arbeiten zu können, denn in einer „normalen“ Kirchengemeinde auf dem Land geht’s einfach bodenständiger zu als in Ausbildungskreisen in Tübingen. (lacht)

Gibt es auch etwas, was Sie aus der Zeit in Tübingen vermissen?
Damals gab es in unserem Team ein sehr familiäres und wohlwollendes Miteinander, in dem jeder um die Situation des anderen wusste. Auch Gespräche in der geistlichen Begleitung waren etwas sehr Schönes: Die habe ich zwar in erster Linie für diejenigen gemacht, die dort zu mir in die geistliche Begleitung kamen, aber ich habe auch gemerkt, dass ich aus solchen Gesprächen immer wieder sehr beschenkt rausgegangen bin.

Würden Sie sagen, dass Sie Ihre Berufung gefunden haben?
Auf jeden Fall ist es ein wichtiger Teil meiner Lebensberufung, quasi mein roter Faden, Mitglied in meiner Ordensgemeinschaft zu sein. Ich kann mir nicht vorstellen, wie ein Leben außerhalb meiner Gemeinschaft für mich aussähe, denn es ist nicht nur das Kleid, das ich anziehe, sondern es ist, was ich bin.
Aber immer wieder frage ich mich auch: Gott, was ist denn jetzt Dein Wille für mich? So war es auch vor fast drei Jahren, als meine Generaloberin mich gefragt hat, ob ich bereit wäre, wieder hier nach Untermarchtal zurückzukommen und als Gemeindereferentin in der Seelsorgeeinheit nebenan zu arbeiten. Da war ich innerlich zwiegespalten, weil ich eine Spannung in mir bemerkt habe. Einerseits wusste ich, dass es mich total reizt, wieder „ganz normal“ in der Seelsorge zu arbeiten, noch dazu hier in Untermarchtal, wo ich mich immer wohlgefühlt habe, und trotzdem habe ich es auch in Tübingen sehr genossen. Aber jetzt, nach zwei Jahren, kann ich sagen: Ich bin hier sehr glücklich und es hätte mir nichts Besseres passieren können. Dennoch habe ich damals beim Abschied in Tübingen Rotz und Wasser geheult. (lacht)

Konnten Sie sich Ihre Hobbys beibehalten?
Trompete spiele ich schon seit Jahren nicht mehr, weil ich in Tübingen nie jemanden gefunden habe, mit dem ich zusammen spielen konnte. Dafür gehe ich seit Januar regelmäßig mit drei Mitschwestern ins Fitnessstudio, weil ich merke, dass man zu einem Schreibtischjob mit Unterricht und Sitzungen auch einen Ausgleich braucht.
Aber meine große Leidenschaft für Online-Rollenspiele ist mir geblieben. (lacht) Ich habe inzwischen leider nicht mehr so viel Zeit dafür, aber hin und wieder geh ich dann doch mal online. Spannenderweise komme ich dann mit manchen Leuten auch ein bisschen näher in Kontakt, so habe ich dort beispielweise eine leitende Mitarbeiterin aus dem erzbischöflichen Ordinariat in Wien und einen Pastoralreferenten aus dem Bistum Paderborn kennengelernt. (lacht)

Was wünschen Sie sich für die Zukunft?
Nun, ich merke, dass ich ein relativ offener Mensch bin und andere in den meisten Fällen so nehmen kann, wie sie sind. Ich wünsche mir, dass Menschen die Welt einfach mal so nehmen, wie sie ist, um nicht verbittert zu sein, weil die Welt nicht so ist, wie man sie gerne hätte – zumindest, wenn man selbst nichts dagegen tun kann. Das ist es, was ich zu leben versuche, und ich merke, dass es mir so viel inneren Druck nimmt.
Und persönlich habe ich im Moment eigentlich alles, was ich brauche. So, wie es im Moment ist, ist mein Leben eigentlich ziemlich perfekt.

 

TEXT: GABRIEL HÄUSSLER (21)