WAS GENAU GOTT MIT THOMAS KLEY VORHATTE, DAS WUSSTE ER VOR SEINER PRIESTERBERUFUNG NOCH NICHT SO GENAU. EIN JAHR NACH SEINER WEIHE ERZÄHLT ER VON SEINER ENTSCHEIDUNGSFINDUNG UND WELCHE HERAUSFORDERUNGEN DIE AUFGABE DES PRIESTERS MIT SICH BRINGT.

IMMER WIEDER WERDE ICH GEFRAGT, WANN ICH MICH ENTSCHIEDEN HÄTTE, PRIESTER ZU WERDEN. ZU GERNE WÜRDE ICH DANN MIT EINEM GENAUEN DATUM, JA SOGAR MIT EINER KONKRETEN UHRZEIT ANTWORTEN – ABER DANN KOMMT DOCH DIE SCHON VIELEN BEKANNTE ANTWORT „SO GENAU KANN ICH DAS NICHTSAGEN“ ÜBER MEINE LIPPEN.

Als junger Theologiestudent bemerkte ich im Laufe der Zeit immer mehr, dass die Lebensform des Zölibats und der Beruf des Priesters wohl doch etwas für mich sein könnten. Es war eine Zeit, in der mir bewusst wurde, dass die Botschaft Jesu mich trägt, mein Leben füllt und mir Orientierung gibt. Und zwar so sehr, dass ich mein ganzes Leben, mit allem was dazugehört, auf diese Botschaft hin ausrichten wollte. Verstärkt wurde das durch Erfahrungen im Gebet, durch Vorbilder im Glauben und durch bestärkende Zusagen von Menschen um mich herum. Diese Zeit – daran kann ich mich sehr gut erinnern –war eine sehr anstrengende Zeit. Schlaflose Nächte, durchträumte Tage und obendrein die ganzen Veranstaltungen, Anforderungen und Prüfungsleistungen des Theologiestudiums.

Und auch der Schritt, den Stein ins Rollen zu bringen, war kein einfacher. Noch sehr gut kann ich mich an die Situation erinnern, als ich die erste Anfrage anden Direktor des Wilhelmsstift geschrieben habe. „Das kannst du nicht mehr rückgängig machen“ –war damals mein erster Gedanke, nach dem Absenden der E-Mail. Doch es war auch gut so, dass endlich etwas in Bewegung kam, dass ich Familie und Freunden von meiner Entscheidung berichten konnte, dass ein Umzug aus meiner damals sehr liebgewordenen WG bevorstand.

Die zwei Jahre im Tübinger Theologenkonvikt Wilhelmsstift waren eine für mich sehr wohltuende Zeit. In einer guten Hausgemeinschaft zu wohnen, in einem guten Miteinander mit den anderen Studierenden an der Universität zu studieren und so auch in einem guten Austausch mit anderen Berufsgruppen zu sein – das alles waren für mich tragende Pfeiler in der Vorbereitung auf den Priesterberuf. Ich empfand viel Freude am gemeinsamen Studieren und Lernen. Wobei natürlich auch nicht jede Prüfung, jede Veranstaltung einem gleich nahe lag, sondern auch mal die ein oder andere zu einer großen Herausforderung wurde.

Besonders prägend für mich waren die vielen gemeinsam gefeierten Gottesdienste, die von ihren unterschiedlichen Formen und Gestaltungselementen lebten – mir wurde immer mehr bewusst, dass wir als katholische Kirche einen sehr großen Schatz an Ausdrucksformen des Glaubens hüten: das Stundengebet der Hausgemeinschaft, Taizégebete, Gottesdienste im Freien, gemeinsame Exerzitien, der Gottesdienst der katholischen Hochschulgemeinde oder auch der Sonntagmorgen mit der Kirchengemeinde St. Johannes…, um ein paar zu nennen.
Jetzt, einige Jahre später, bin ich Vikar in Bad Buchau und als Ansprechpartner für Interessierte am Priesterberuf bei der Diözesanstelle „Berufe der Kirche“ tätig. Und zurückblickend merke ich, dass diese Zeit der Berufungsfindung, die Zeit des Studiums in Tübingen und der vielfältige Austausch mit Familie und Freunden ein gutes Fundament für meine heute täglichen Aufgaben gelegt haben.

Besonders dann, wenn mal eine Durststrecke kommt, wenn ich mich unsicher in einer Situation fühlte oder wenn manchmal die Motivation zum Anpacken einer neuen Aufgabe fehlt – genau dann erinnere ich mich wieder an dieses tragende Fundament, das ich an so vielen Stellen in meinem Leben schon erfahren habe und immer wieder erfahre.
Und das ist dann kein in-glorifizierten-Erinnerungen-schwelgen, sondern vielmehr ein lebendiges Nachspüren, ein Wachhalten und ein Aufrütteln des eigenen Glaubensfundaments. Wieder zu merken, dass „Gott etwas mit mir vorhat“ und dass ich das nicht alleine machen muss, dass er mit dabei ist und mich auch entsprechend führt.

UND DASS GOTT NICHT NUR MITMIR WAS VORHAT, SONDERN AUCHMIT ALLEN ANDEREN MENSCHEN,DAS MERKE ICH JEDEN TAG.

Gerade dann, wenn Menschen sich gegenseitig in den unterschiedlichsten Lebenslagen treffen, sich begleiten und unterstützen und so gemeinsam Gott und das Leben feiern. Für mich ist es eine Aufgabe, die ich mit Ehrfurcht und Demut wahrnehme, dann als Priester in solchen Momenten des Lebens der Menschen beteiligt zu sein. Eine Aufgabe, die ich gerne und dankbar annehme, wenn sie mich auch häufiger herausfordert – manchmal auch überfordert. Denn mir ist bewusst, dass da Gott ist, der mich trägt und hält.

„DIE HOFFNUNG ABER LÄSST NICHT ZUGRUNDE GEHEN; DENN DIE LIEBE GOTTES IST AUSGEGOSSEN IN UNSERE HERZENDURCH DEN HEILIGEN GEIST, DERUNS GEGEBEN IST.“ Diesen Vers aus dem Römerbrief habe ich vor meiner Priesterweihe als sogenannten Primizspruch ausgewählt, der mich in meinem priesterlichen Wirken begleiten soll. Und er beschreibt eben das, was ich in meinem Leben immer wieder wahrnehmen darf: dass eben die Grundlage aller Hoffnung die Liebe ist, die von Gott nicht nur gegeben ist, sondern in die Herzen der Menschen ausgegossen wurde – nicht sparsam, sondern großzügig.

ZUR PERSON
Thomas Kley (30) aus Bad Wurzach-Unterschwarzach ist Vikar in Bad Buchau und Ansprechpartner für Interessierte am Priesterberuf bei der Diözesanstelle Berufe der Kirche in Tübingen. 2011/12 war er am Ambrosianum in Tübingen, wo er anschließend auch Theologie studiert hat. Nach der Pastoralausbildung am Priesterseminar in Rottenburg war er als Diakonin der Seelsorgeeinheit Rottenburg tätig. 2019 wurde er zum Priester geweiht.