Je dunkler es hier um uns wird, desto mehr müssen wir unser Herz öffnen für das Licht von oben.
Edith Stein

Von allen Heiligen beeindrucken mich diejenigen am meisten, die sich für Arme, Kranke und Entrechtete einsetzten. Hierzu zählt auch Edith Stein, die am 12. Oktober 1891, also vor 130 Jahren, in Breslau geboren wurde. Besonders wichtig finde ich ihren Beitrag zur Zusammenarbeit von Juden und Christen.

Edith Stein wuchs als jüngstes von elf Kindern in einer jüdischen Familie auf. Ab 1911 studierte sie an den Universitäten Breslau und Göttingen die Fächer Psychologie, Philosophie, Geschichte und Germanistik. 1916 stellte sie ihre Doktorarbeit fertig. Bereits in jungen Jahren distanzierte sie sich vom jüdisch-orthodoxen Glauben. Von der Lektüre der heiligen Teresa von Ávila ergriffen, konvertierte Edith Stein 1922 zur römisch-katholischen Kirche. Als die Nationalsozialisten an die Macht kamen und gegen die jüdische Bevölkerung hetzten, wandte sich Edith Stein 1933 in einem Brief an den damaligen Papst Pius XI. und forderte ihn zum Protest gegen die Judenverfolgung auf. Eine Reaktion des Papstes blieb jedoch aus. Um ihr Umfeld zu schützen, gab Edith Stein ihre Anstellung als Dozentin in Münster auf. Sie trat dem Kloster der Karmelitinnen in Köln bei und erhielt den Ordensnamen Teresia Benedicta vom Kreuz.
Als 1938 ihre jüdische Abstammung amtlich bekannt wurde, siedelte Edith Stein in den Karmel im niederländischen Echt über. Doch zwei Jahre nach der Besetzung der Niederlande ordneten die Nationalsozialisten im Jahr 1942 die Deportation der niederländischen Juden an. Der Protest der Niederländisch-reformierten Kirche und der katholischen Bischöfe gegen die Deportation führte letztlich dazu, dass die Nationalsozialisten auch alle zum Christentum konvertierten Juden verschleppten – so auch Edith Stein. Am 9. August 1942 wurde sie im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau ermordet.

Am Leben Edith Steins zeigt sich die Wichtigkeit der jüdisch-christlichen Zusammenarbeit. Auch nach ihrer Konversion zum katholischen Glauben blieb sie mit dem jüdischen Volk eng verbunden. Edith Steins Appell an Papst Pius XI. im Jahr 1933 zeigt, dass sie schon früh das menschenverachtende Weltbild der Nationalsozialisten erkannte. Bemerkenswert an Edith Stein finde ich auch, dass sie trotz ihrer hohen intellektuellen Fähigkeiten bodenständig blieb und ein einfaches Leben als Ordensfrau führte. Ihre Ermordung im Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau beendete das Leben einer Frau, die sich für andere Menschen und für den Frieden einsetzte. Daher ist meiner Meinung nach der Dialog, die Zusammenarbeit zwischen den Religionen und der Einsatz für Frieden und Menschenrechte die wichtige Botschaft, die von Edith Stein bleibt.

TEXT: JAKOB RAGER (23)