Kirchengemeinde von innen miterleben, das Leben in der Gemeinde mitgestalten und viele neue Erfahrungen machen – das und noch viel mehr bietet ein FWD pastoral. Auch in der Seelsorgeeinheit Unterschneidheim gibt es seit neuestem eine solche FSJ-Stelle, die mit Elodie Kamenov (19) nun zum ersten Mal besetzt ist. Mit ihr und ihrem Anleiter, Pastoralreferent Hans-Christian Richter (31), hat berufen über die ersten Monate ihrer Tätigkeit gesprochen.

Was ist ein pastorales FSJ?
ELODIE: FSJ steht für „freiwilliges sozia- les Jahr“. Ein FSJ kann man in unterschiedlichen Einrichtungen machen: in der Schule, der Altenpflege … Im optimalen Fall ist man dabei vor Ort, hilft bei der Arbeit und bringt sich ein, indem man etwas verbessert und durchsetzt. Pastoral ist das Gleiche, nur in der Kirche.
HANS-CHRISTIAN: Es ist auf jeden Fall eine gute Erfahrung für Jugendliche. Man kommt aus der Schule, wo alles mehr oder weniger vorgegeben ist. Mit dem FSJ kommt man an einen anderen Ort. Natürlich gibt es auch hier Rahmenbedingungen: wie die Gemeinde funktioniert oder dass es bei uns acht verschiedene Kirchengemeinden gibt. Aber es gibt eben auch ganz viel Freiraum. Das kann ein bisschen überfordern, aber manchmal geht es genau auf und es ist genau das Richtige, was man dann macht.

Wie ist bei euch die FSJ-Stelle eingebunden in das Pastoralteam?
HANS-CHRISTIAN: Vollwertig. Das ist meiner und unser Anspruch an das Team. Im Team sind ein Pfarrer, eine Familienreferentin und ich. Als wir den Plan hatten, eine FSJ-Stelle zu schaffen, war ganz schnell klar, was wir tatsächlich auch so in die Ausschreibung geschrieben haben: Wir brauchen keinen, der Kaffee kocht –, das können wir selber – sondern jemanden, der Bock hat, mitzuarbeiten und so seine oder ihre Vision von Kirche zum Tragen kommen zu lassen. Und nach drei Monaten kann ich sagen: Elodie ist zu einhundert Prozent mit dabei in den Teambesprechungen. Sie spricht mit und entscheidet mit. Und sie macht sogar Aktionen wie die Kinderferienwoche von der Idee bis zur Umsetzung komplett in Eigenregie. Und das finde ich eine richtig gute Leistung.

Wie ist es, jemanden im Pastoralteam zu haben, der keine kirchliche Ausbildung gemacht hat?
HANS-CHRISTIAN: Es ist immer interessant, wenn ein anderer Blick in das Team mit hineinkommt. Aber ich habe da ein gutes Beispiel: Am dritten Adventssonntag haben wir gemeinsam einen Gottesdienst gestaltet. Elodie hat dabei kurze Gebete übernommen und mit der Oboe und der Flöte gespielt. Bei der Gottesdienstvorbereitung habe ich gemerkt, wie viel von meinem Studium hängen geblieben ist. Wir sind die Lesungen durchgegangen und ich bin abgeschweift. Das war so ein bisschen eine Exegese-Vorlesung.
ELODIE: (lacht) Ich hab da voll viel gelernt. Das war schon cool.
HANS-CHRISTIAN: Genau, und das ist halt das Coole an dem Setting FSJ: dass man einfach neue Ideen bekommt und voneinander lernt.

Schwingt bei einem pastoralen FSJ auch der pastorale Beruf als Option mit?
ELODIE: Ich habe eine Freundin, die ein pastorales FSJ macht, weil sie danach Theologie studieren will. Bei mir ist das nicht so. Ich möchte später nichts mit Theologie machen. Ich habe einfach etwas Sinnvolles gesucht, das ich in dem Jahr machen kann, und bin dann auf die Kirche gekommen, weil ich Ministrantin bin. Das hat mir immer Spaß gemacht. Aber ich hatte keine Zeit, um es weiterzuverfolgen. Und jetzt habe ich ein Jahr, in dem ich das austesten kann.

Wie geht ihr damit um, dass in der Kirche viele Veranstaltungen abends, sonntags oder an Feiertagen stattfinden?
ELODIE: Ich bin gerne unterschiedlich unterwegs. Für mich ist es nichts, jeden Tag die gleichen Zeiten zu haben. Aber grundsätzlich sind mir Sonn- und Feiertage lieber. Da habe ich keine Hobbys und eigene Termine. Abends ist es halt schwieriger. Da verschiebe ich dann mal einen Unterricht.
HANS-CHRISTIAN: Ich finde es wichtig, dass man als FSJler nicht seine Hobbys aufgeben muss, weil man jetzt für die Kirche 40 Stunden Zeit hat. Wann man sich die Zeit nimmt, ist egal. Wichtig ist, dass die Sachen geschafft sind. Aber das ist ja beim Pfarrer, der Familienreferentin oder mir auch so. Das ist auch mein Anspruch an den FSJler oder die FSJlerin: dass sie es sich selbst einteilen. So habe ich es in meinem eigenen FSJ auch erlebt. Und damit war für mich klar, dass ich als Anleiter für einen FSJler dafür sorge, dass verschiedene Hobbys wie Musik oder Tanzen noch möglich sind.
ELODIE: Das habe ich am Anfang auch bestimmt zehnmal wiederholt, dass ich Hobbys habe, die mir ganz wichtig sind und die nicht zu verschieben sind. Und ich bin extrem dankbar, dass ich alles so machen kann.

Welche Fähigkeiten muss man als FSJler oder Anleiter mitbringen? Ohne was geht es gar nicht?
HANS-CHRISTIAN: Für ein FSJ in Unterschneidheim braucht man vor allem Motivation und Lust, sich einzubringen. Außerdem braucht man eine eigene Vision von Kirche, weil das in unserem alltäglichen Arbeiten echt wichtig ist. Auch wenn sich so eine Idee noch entwickeln kann. Man sollte eigenverantwortlich und eigenständig sein. Und Kommunikation ist auch wichtig; dass man sagt, wenn man an Grenzen kommt oder es etwas gibt, was man nicht so ganz durchdringt. Für das Team ist es wichtig, dass dort ein offener Raum ist, man Fehler machen darf und deswegen nicht verurteilt wird.
ELODIE: Den Punkt mit der Offenheit und Kommunikation kann man auch auf den Anleiter oder die Anleiterin übertragen. Es ist wahrscheinlich das Allerwichtigste, dass der Anleiter da ist, erreichbar ist und man das Gefühl hat, dass man mit ihm reden kann, wenn etwas ist oder erwartet wird und grad nicht passt. Im Optimalfall hat man eine Person, die einem ein gutes Gefühl gibt und einfach ausstrahlt: „Hey, du bist bei uns sicher, ich bin da, wenn etwas ist, und du kannst dich hier entfalten.“

TEXT: CORINNA MERLE (22)